Kick off ins neue Jahr

Wer verbringt Silvester wo, wie und mit wem? Diese Frage kennt wohl jeder. Trailrunner und Skimo-Spezialist Manuel Seibald hat sich für den Neujahrstag heuer aber etwas Besonderes ausgesucht. Er begleitete eine traditionsreiche Tour auf den Großglockner - doch wie es dazu kam, erzählt er am besten selbst.

10 janvier 2022
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Alles begann vor 38 Jahren. Der damalige und noch heutige Bürgermeister der Gemeinde Großkirchheim (im oberen Mölltal | Österreich) nahm sich damals vor, am 1. Januar den höchsten Berg Österreichs zu besteigen. Eigentlich kein all zu besonderes Ereignis. Doch aus dieser einen Tour am 1.1.1984 entwickelte sich eine Tradition, die bis heute Bestand hat. So ist Peter Suntinger jährlich am Neujahrstag unterwegs und bis heute war er 34x am Gipfel, 3x musste er auf den letzen Metern aufgrund zu gefährlicher Bedingungen umkehren und 1x musste die Tour nur wenige Meter vom Auto entfernt, ebenfalls der gefährlichen Bedingungen geschuldet, abgebrochen werden.

In all den Jahren wurde er von seinen Bergkameraden und Freunden begleitet. Auch mein Vater war das ein oder andere mal dabei. Nur Peter Suntinger selbst nahm den Berg alle 38 Male in Angriff und stand in den vielen Jahren immer wieder am Neujahrstag ganz oben am Großglockner. Dieses Jahr konnte auch ich mich zum ersten Mal dieser traditionellen Seilschaft anschließen. Nach ein paar Telefonaten und Wetterchecks fixierten wir den Abfahrtszeitpunkt auf 1.1.2022 um 2:30 Uhr.

Nun war Rucksack packen angesagt. Ich kenne das hochalpine Gelände gut und weiß, mit welchen körperlichen Anstrengungen es verbunden ist. Das bedeutet bei mir, dass eine zweite Garnitur an Funktionsbekleidung dabei das Minimum im Gepäck ist. Das ist aber auch kein Problem, denn die besonderen leicht und klein verpackbaren Skinfit Teilen fallen bei der Ausrüstung für eine Hochtour überhaupt nicht ins Gewicht. Ich bin außerdem ein absoluter Fan vom sogenannten Zwiebelprinzip und kleide mich gern mit mehreren Schichten. Diesmal dabei: KLIMA Pro Funktionsunterwäsche, AERO Langarmshirt, CALDO Primaloft Jacke, darüber die SCUDO Hardshell Jacke sowie eine temperaturreguliernde VENTO Skitourenhose.

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Aber zurück zur Tour! Die Silvesternacht verlief alles andere als ruhig für mich. Um 22:00 Uhr ging ich ins Bett und um 00:00 wurde ich wie erwartet vom Raketen- und Böllerlärm geweckt. Bis der Wecker dann um 1:50 läutete, hatte ich kein Auge mehr zugetan. Sprich, erholsamer Schlaf vor einer anstrengenden Tour - leider Fehlanzeige! Beim Frühstück versuchte ich, viele Kohlehydrate zu mir zu nehmen, da die Tour dem Körper viel Energie abverlangen würde. Alleine der Materialrucksack, den wir mithaben, ist um einiges schwerer als bei einer gewöhnlichen Pistentour. Letztendlich starteten wir aber wie geplant um kurz vor 4:00 morgens beim Lucknerhaus in Kals mit einer 7-köpfigen Mannschaft mit Peter Suntinger als traditioneller Frontmann. Er war der Erfahrenste von uns allen. Mit dabei waren auch Peters Sohn, dessen Freundin und drei weitere Bergfreunde der Familie Suntinger. Allesamt waren nicht zum ersten mal alpin unterwegs, was einem immer ein gutes Gefühl in einer neuen Truppe gibt.

Nach dem ersten Anstieg durch die Nacht hatten wir die Lucknerhütte mit unseren Tourenskiern erreicht und die ersten 300 Höhenmeter hinter uns gebracht. Es sollten aber über 1800 Höhenmeter insgesamt werden. Wir liefen ein gutes Tempo und kamen zügig voran, doch der immer stärker werdende Wind machte uns etwas Sorgen. Das stille Laufen im Morgengrauen fühlte sich aber gut an, die Müdigkeit war verflogen und ich konnte die dennoch besondere Stimmung in mir aufnehmen. Wir ließen die Stüdlhütte hinter uns und kurz darauf brach der erste Tag des neuen Jahres an und wir konnten das erste Mal den mächtigen Gipfel des Großglockners sehen.

Wir querten das Teischnitzkees und gelangten über dieses zum Skidepot, wo wir unsere Ski zurückließen, um den weiteren Anstieg mit Steigeisen in Angriff zu nehmen. Auf der Adlersruhe, die sich auf 3454 m Seehöhe befindet und die höchst gelegene Schutzhütte Österreichs ist, machten wir unsere erste längere Pause und versuchten wieder zu Kräften zu kommen. Außerdem mussten wir warten, da ein kräftiger Sturm am Berg wütete. Wir trafen auf zwei Mannschaften, die vor uns bereits umgekehrt waren und den Schutz der Hütte suchten. Doch kurz darauf legte sich der Sturm etwas und wir wollten unser Glück versuchen. Eingepackt wie am Nordpol, brachen wir auf um den letzten Anstieg in Angriff zu nehmen.

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Ab jetzt gingen wir am Seil und mit Steigeisen. Es fühlte sich an, als würden wir einen Schritt vor und zwei wieder zurück machen, so stark wehte immer noch der Wind. Dennoch stufte unser erfahrener Neujahrsguide Peter die Bedingungen als sicher ein und das gab uns allen viel Motivation, den Gipfel zu erreichen. Nach ca. 45 min Kampf gegen den Wind hatten wir das Glocknerleitl (Eisleitl) erreicht. Hier wurde der Anstieg immer steiler. Doch der Wind wurde immer weniger und wir hatten einen Funken Hoffnung, es noch auf den Gipfel zu schaffen. Nach dem Eisleitl gelangt man über felsiges steiles Gelände zum Kleinglockner, der sich nur wenige Meter unter dem Großglockner befindet. Doch diese beiden Gipfel trennt die beachtliche Pallavicinirinne und diese galt es noch zu überwinden. Gemeinsam im Team gelang uns dies problemlos und um 11:54 hatten wir es geschafft.

Als erste Seilschaft im neuen Jahr standen wir auf dem höchsten Berg Österreichs und waren überwältigt von der Aussicht. Der Wind war ebenso abgeflaut und wir konnten den Gipfelsieg richtig genießen. Ich persönlich war noch nie so lange am Gipfel des Großglockners und habe die Stimmung in vollen Zügen aufsaugen und speichern können. Ich denke noch jetzt sehr oft an diesen Augenblick zurück und kann daraus momentan viel Kraft schöpfen. Nach dieser unvergesslichen Zeit am Gipfel mussten wir aber wieder los. Denn wie jeder weiß, hat man einen Gipfel nur dann geschafft, wenn man auch wieder heil ins Tal kommt! Aber auch das meisterten wir ohne Stress und glücklicherweise auch ohne Zwischenfälle. Kurz vor Sonnenuntergang erreichten wir wieder unsere Autos beim Lucknerhaus. Völlig erschöpft und müde, aber erfüllt von unserem ganz besonderen Gipfelerlebnis am Neujahrstag. Ich kenne den Großglockner aus der Vergangenheit gut, hatte verschiedene Projekte dort und habe ihn auch schon in unter 3 Stunden mit Skiern bestiegen. Jedoch wurde mir mit dieser Tour wieder einmal klar, dass Erlebnisse, die man mit anderen Menschen teilt, die weitaus schöneren sind. Als Zugabe obendrauf noch am ersten Tag im neuen Jahr. Das hat alles vorherige getoppt und ist für mich etwas ganz Besonderes.

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