Mehrtägige Skihochtouren - Das musst du beachten!

Die beiden Vorarlberger Johannes Pfeifer und Ulrich Kriechbaum haben die Skihochtourensaison mit einer mehrtägigen Tour durch die Silvretta eröffnet. Aber auch, wenn sie diese Durchquerung über ihre Heimatberge führt, müssen sie einiges beachten und planen. Hier erzählen sie euch, auf was man bei mehrtägigen Touren besonders achten sollte und geben wichtige Tipps für die Planung.

5 mars 2024
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In Vorarlberg erkannt man die ersten Zeichen des Frühlings und gerade haben wir den "Funken" hinter uns. Eine wirklich schöne Tradition mit Funkenküachle (bzw. Bauernkrapfen wie sie anderswo genannt werden) und gemütlichem Beisammensein, wenn die Christbäume im Funken verbrennen und so einen doppelten Nutzen tragen. Warum wir euch das erzählen? Weil mit dem Abbrennen der Funken der Winter vertrieben werden soll und das für uns immer der Startschuss für die Skihochtourensaison ist. Die Tage werden wieder länger, dass Wetter oft stabiler und die Schneeunterlage in den höheren Lagen ist wirklich gut.

Was versteht man unter Skihochtour bzw. einer Skihochtourendurchquerung?

Skihochtouren sind eine aufregende Möglichkeit, die Schönheit der großen Berge im Winter zu erleben. Im Aufstieg, wie auch in der Abfahrt bewegen wir uns auf vergletschertem Gelände, meist gibt es leichte Kletterpassage bzw. müssen wir unsere Ski auf den Rucksack schnallen und „stapfen“. Was der Gletscherkontakt zweifelsfrei mit sich bringt, sind große Höhen. Neben der passenden Ausrüstung, die man benötigt, merken viele auch die Mehranstengung in der Höhe, welchen bei meist nicht zu leichtem Gepäck nicht zu unterschätzen ist. Und wenn man noch einen Schritt weiter geht, wie Ulrich und ich, macht ihr eine Skihochtourendurchquerung. Ganz leicht erklärt sind das einfach mehrere Skihochtouren hintereinander mit Nächtigung in Biwaks, Hütten (bewirtschaftet oder Selbstversorger) oder auch ein Hotel im Tal. Das Schöne ist, dass man sich seine Routen immer selber gestalten und die Länge und Schwierigkeit individuell anpassen kann. Das Wichtigste ist aber die Planung und sich im Vorhinein gut zu informieren bzw. zu guten Informationen zu kommen.

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So plant ihr eine mehrtägige Skihochtour

Die gewissenhafte Planung einer Skihochtour bzw. einer Skihochtourendurchquerung ist von entscheidender Bedeutung, um ein sicheres und erfolgreiches Skibergsteigen zu gewährleisten. Wählt eine Route, die eurem Können und Erfahrung entspricht. Schaut euch die Karte gut an, ermittlelt und merkt euch Gefahrenstellen sowie markante Punkte. Auch wenn ihr immer ein Handy mit Kartenmaterial oder eine GPS-Uhr mithabt, ist es gut sich das Gelände im Vorhinein auf der Karte gut anzusehen. Berücksichtigt die Geländebedingungen, das Wetter und die Lawinengefahr. Oft sind Skihochtouren mit langen Anreisen verbunden und der Effekt des "Naja, jetzt sind wir schon mal da!" birgt große Gefahren. Besser also im Vorhinein gut informieren und im Zweifelsfall auch nach einer langen Autofahrt mal umdrehen. Informiert euch über aktuelle Bedingungen, die Schneelage und fragt – wenn möglich – vor Ort bei Experten bzw. Bergführern nach, wie die Verhältnisse sind – diese helfen in der Regel gerne weiter. Macht euch außerdem einen groben Zeitplan. Gerade im Frühjahr ist es wichtig die tageszeitliche Erwärmung zu berücksichtigen und für die Abfahrt mit einzukalkulieren. Erkundigt euch, welche Hütten bzw. Unterkünfte auf der Route liegen, ob sie geöffnet haben bzw. wie die Versorgung ist. Die Planung der Nahrung ist ein wichtiger Punkt, denn die kalte, frische Luft und die Anstrengung machen hungrig und kosten ordentlich Kraft. Genügend zu Trinken und zu Essen zu sich zu nehmen ist unumgänglich um mehrere Tage bei Kräften zu bleiben und die Touren letztendlich auch genießen zu könnnen.

Diese Ausrüstung solltet ihr bei jeder Skihochtour dabei haben

Bei der Ausrüstung kommt durch das Seil für den Gletscher bzw. eventuelle Kletterpassagen, den Gurt (am besten ein Leichtgurt) inkl. Gletscherausrüstung, Pickel und Steigeisen schon einiges an Gewicht zusammen. Der Helm und die Sonnenbrillen sind genauso obligat, wie mindestens zwei Packungen Manner Schnitten. Unter Gletscherausrüstung versteht man die Utensilien, die ihr für eine Spaltenbergung benötigt. Ich habe immer eine Eisschraube (min. 16cm lang), 3 Reepschnüre (5m, 3m, 1,5m), eine Bandschlinge mit 120cm sowie eine mit 60cm und 5-6 Schraubkarabiner dabei. Praktisch sind noch zwei Seilklemmen, wie z.B ein T-Bloc und eine Micro traxion. Die Beherrschung der Spaltenbergung ist außerdem eine unumgängliche Sache – übt sie regelmäßig bevor ihr euch auf Gletschern bewegt. Es gibt für Interessierte wirklich ein tolles Angebot an Skihochtourenkursen von Berg- und Skiführern, wo ihr neben der Spaltenbergung noch viele andere gute Tipps für Skihochtouren bekommt.

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So funktioniert das Anseilen am Gletscher auf Skihochtour

Beim Anseilen am Gletscher sind die Abstände sowie die Lage und Anzahl der Bremsknoten sehr wichtig. Ich nehme im Winter gern ein 30m bzw. je nach Anzahl von Personen auch ein 40m dreifach zertifiziertes Seil. Von Vorteil sind kern- und mantelimprägnierte Seile, da sie bei Schneekontakt, vor allem wenn der Schnee schon etwas feuchter ist, nicht nass und schwer werden. Bis zu 3 Personen-Seilschaften verwendet man Bremsknoten. Bei 2 Personen solltet ihr ca. 15 Abstand inkl. 3 Bremsknoten zwischen euch haben, bei 3 Personen wären es 10-12m und jeweils 3 Bremsknoten. Die Lage der Bremsknoten ist von großer Bedeutung. Ihr macht einen Knoten genau in der Mitte zwischen euch und dann jeweils 1,5m rechts und links noch einen. Dies hat den Sinn, dass bei einem Sturz keine große Beschleunigung nach dem Bremsen des ersten Knoten am Spaltenrand zustande kommt und meist der zweite Knoten sich an der Spaltenkante verhängt. Bei Seilschaften mit vier oder mehr Personen verwendet ihr keine Bremsknoten und min. 8m Seil zwischen euch.

Navigation auf Skihochtour

Der Umgang mit Kartenmaterial und GPS-Geräten bzw. GPS-Uhr ist wichtig um euch im Gelände auch bei weniger guter Sicht stets orientieren zu können. Vertraut nicht allein auf euer Smartphone, da der Empfang in den Bergen möglicherweise eingeschränkt ist oder bei großer Kälte der Akku gern mal zusammenbrechen kann. Manchmal ist auch eine "Oldschool" Papierkarte ganz praktisch und bietet ein gutes Backup und Sicherheit.

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Wetterbedingungen in alpinen Höhen

Das Wetter in den Bergen kann sich schnell ändern. Informiert euch über das vorhergesagte Wetter und passt eure Pläne entsprechend an. Achtet auf Anzeichen eines Wetterumschwungs und kehrt rechtzeitig um, wenn nötig. Unweigerlich mit dem Wetter ist auch die Lawinengefahr verbunden. Bei Tagestouren kann man ganz einfach den Lawinenlagebericht der jeweiligen Region anschauen und dementsprechend seine Touren planen. Bei mehrtägigen Touren kann es sein, dass man unterwegs nicht immer Internetzugang hat und somit keinen Zugang zu den aktuellen Lawinenlageberichten hat. Schaut euch daher vor einer mehrtägigen Tour immer den letztmöglichen Lawinenlagebericht an, meist gibt es hier auch eine Tendenzprognose für die nächsten Tage. Gepaart mit dem Wetterbericht kann man sich so einen relativ guten Überblick über die Lawinenlage der nächsten Tage beschaffen. Nach Schneefällen oder starken Winden während einer mehrtägigen Tour muss man die Verhältnisse vor Ort aber natürlich immer kritisch beurteilen. Bei instabilem Wetter während einer Tour sind fortgeschrittene Lawinenkenntnisse unvermeidlich, um die Lawinenlage seriös beurteilen zu können. Wenn ihr euch eine mehrtägige Tour noch nicht alleine zutraut, holt euch Tipps von Experten oder engagiert einen Bergführer, der euch auf eurer Skihochtourendurchquerung begleitet.

Was ihr über Winterräume wissen solltet

Die Schlafsituation ist eine wichtige Frage bei der Planung und sollte wohl überlegt sein. Übernachtet ihr immer auf bewirtschafteten Hütten, ist die Frage schnell beantwortet – ihr bekommt jeden Abend alles, was ihr braucht: Essen, Bett, Strom, etc. Falls ihr euch jedoch dazu entscheidet, Winterräume auf eurer Durchquerung zu nutzen, gilt es ein paar Punkte zu beachten: Gibt es in den geplanten Winterräumen einen Herd zum Kochen, oder nicht? Je nachdem muss die Verpflegung geplant werden. Gibt es Matratzen und Decken? Wenn nein, musst du an einen Schlafsack und eine Isomatte denken. Gibt es Strom? Das Handy immer wieder laden muss fast sein, es kann immer etwas passieren und man ist froh wenn man den Notruf wählen kann. Also eventuell auch an eine Powerbank denken, falls keine Steckdosen vorhanden sind (was meist der Fall ist). Für die ersten Winterraumerlebnisse ist es sicher von Vorteil, Winterräume zu wählen, die Koch- und Schlafmöglichkeiten bieten. Schritt für Schritt könnt ihr euch dann steigern und auch mal in Biwakschachteln übernachten, die nicht viel mehr als ein Dach über dem Kopf bieten. Winterräume entschleunigen den meist eher stressigen Alltag, man beschäftigt sich mit dem Essentiellen: Holz hacken um den Ofen anzufeuern, Schnee schmelzen um genug zu Trinken zu haben (hier sind übrigens Teebeutel von Vorteil – geschmolzener Schnee ist nicht unbedingt eine Geschmacksexplosion) und Kochen um wieder die Batterien aufzuladen. Winterräume sind übrigens ein erheblicher Aufwand für die Hüttenwirte, darum bezahlt bitte immer eure Rechnung und nehmt euren Müll wieder mit ins Tal. Nur gemeinsam können wir dazu beitragen, dass die für uns Wintersportler so wichtige Infrastruktur erhalten bleibt.

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Unsere Skihochtourendurchquerung durch die Silvretta

Wir waren für die erste Skihochtourendurchquerung in diesem Jahr in unseren Heimatbergen, der Silvretta unterwegs. Gut erschlossen bietet sie für jedes Abenteuerlevel etwas: Tagestouren, Übernachtungen auf bewirtschafteten Hütten oder aber auch in unbewirtschafteten Winterräumen. Mit Bahn und Tunnelbus geht es zunächst auf die Bielerhöhe. Wer das noch nie gemacht hat, kann sich dabei schon auf das erste Highlight einstellen. Gemütlich geht es los Richtung Rauher Kopf und Abfahrt ins Jamtal. Noch schnell auf die Hintere Jamspitze und dann runter zur Jamtalhütte. Am nächsten Tag geht es auf die Vordere Jamspitze und nach dem Übergang ins Ochsental noch auf die Dreiländerspitze. Nach einer gemütlichen Jause am Gipfel geht es hinunter zum Winterraum der Wiesbadener Hütte. Nach einem hervorragenden Abendessen (Nudeln mit Pesto können nach einem langen Tag wirklich extrem gut schmecken) und ein paar Runden Schnapsen (Kartenspiel aus Ostösterreich) geht es, wie meist auf solchen Touren, früh ins Bett. Am nächsten Tag steht ein Klassiker der Silvretta an, die Überschreitung des Silvrettahorns und der Schneeglocke, eine Tour die das Skibergsteigerherz höher schlagen lässt. Langsam merkt man nun aber, dass man schon ein paar Tage mit einem etwas schwereren Rucksack unterwegs ist, das ging vorgestern noch geschmeidiger. Für unsere letzte Übernachtung beherbergt uns die Klostertaler Umwelthütte, eine unbewirtschaftete Selbstversorgerhütte. Man wird jeden Tag routinierter: Holz hacken, Schnee schmelzen, Essen, Trinken, Kartenspielen und ab ins Bett. An unserem letzten Tag spielt das Wetter nicht mehr ganz mit und wir steigen noch über das Verhupftäli auf den Litzner Sattel und entscheiden uns dann die Talfahrt anzutreten. Also zurück zur Silvretta Hochalpenstraße, und mit Bus und Bahn retour ins Tal. Alles in allem vier wunderschöne Tage in bester Gesellschaft und Landschaft – was will man mehr? 

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Die Ausrüstung